Für die meissten Bujinkan-Ausübenden besteht der Hauptteil ihres Trainings im einüben von Kata aus den neun Ryu-ha – dem Keiko (Partnerübungen). Aus meiner Sicht sind diese Kata ein essentieller Bestandteil unserer Kampfkunst, um wichtige Fähigkeiten wie richtiges Distanzgefühl, Timing, richtiges Ausweichen usw. zu entwickeln. Am Anfang erlernen wir durch die Kata die Techniken, die unser System ausmachen und noch viel mehr – durch das Kata-Training lernen wir die richtige Strategie für einen reellen Kampf. Man lernt nicht was in einem Kampf zu tun ist, sondern man lernt wie man es zu tun hat.

Um das, was wir im Kata-Training erlernen auszutesten haben wir Randori. Randori liefert das Klima, in dem wir unser Verständnis der Techniken prüfen können. Die Fähigkeiten die wir uns im Kata-Training aneignen sind unbrauchbar wenn wir sie in einem realen Kampf nicht anwenden können. So können wir durch Randori unsere Fähigkeiten ausprobieren ob sie auch wirken. Sollten dabei noch Mängel in unseren Techniken auftreten, können wir jederzeit wieder zum Kata-Training zurückkehren um sie anschließend im Randori erneut zu testen. Ohne unsere Fähigkeiten zu überprüfen, wissen wir nicht ob sie in einer reellen Auseinandersetzung, mit jemanden der uns Verletzen oder sogar töten will, wirksam sind.

Die Bujinkan – Philosophie sieht das Leben als ständiges Wechselspiel an. Das Randori wiederspiegelt diese Wirklichkeit und bietet den Spielern die Gelegenheit, in einem simulierten Kampf ihre Fähigkeiten zu messen und zu verbessern. Beim Randori zählen Geschicklichkeit, Ästhetik und Genauigkeit mehr als Muskelkraft. Die Härte eines Randori-Spiels hängt davon ab, wie weit die Gegner in der Nachahmung eines echten Kampfes gehen wollen, wobei die gespielte Situation aus verschiedenen Gründen jederzeit in eine ernste umkippen kann.

Je länger ein Schüler in die Geheimnisse des Bujinkan Budo Taijutsu eingeweiht ist, desto grösser wird sein Grundstock an Erfahrungen. Je reicher das Repetoire, desto kunstvoller lassen sich die einzelnen Bewegungselemente wie Mosaiksteine zu farbigen Bilder zusammenfügen. Wie im Jazz bringt auch beim Randori erst die Improvisation und das Unvorhersehbare, Spannung im Geschehen.

Natürlich gibt es in jedem eingespielten Randori-Kreis Regulierungsmechanismen, die explodierende Aggression eindämmen können, doch jedes Randori hat eine eigene Dynamik, dessen Ausgang von allen Beteiligten bewusst offengehalten wird. Randori spielt mit den Grenzen des Machbaren und Zumutbaren. Der geringste Fehler in der Selbsteinschätzung oder der Einschätzung des Gegners kann fatale Folgen haben.

Sowohl beim Randori als auch im Kampf gilt „die richtige Bewegung zur richtigen Zeit.“ Die wachsende Gefährlichkeit fordert die Geschicklichkeit heraus, den Mut und das Vertrauen in den Mitspieler. Die hohe Kunst des Randori besteht darin, die Bewegungsabläufe so zu gestalten, dass sie sich von denen eines ernsten Kampfes nicht mehr unterscheiden. Trotzdem darf aber nie Hektik und Nervosität aufkommen, dass die Eleganz der Bewegungen verloren gehen. Jede Aktion soll mit Rhythmus geführt werden. Angriff und Verteidigung müssen in einander greifen

Also wie gehen wir vor? Ein Weg wäre, unsere Techniken hart und schnell zu üben. Aus meiner Erfahrung jedoch weiß ich, dass ein solches Training ziemlich schnell frustrierend sein kann oder man sich dabei sehr leicht verletzen kann. Frustrieren aus dem Grund, da man nicht alle Techniken ausprobieren kann.

Die Lösung also ist, dass man mit langsamen Randori beginnt.